rudolf
ich habe den schönsten beruf der welt. er ist nichts besonderes. aber für mich ist er wie eine grosse wundertüte, die ich jedes mal aufs neue mit staunenden augen öffne. ich darf neugierig sein, den absurditäten des alltags nachspüren, überraschendes entdecken. vor allem aber lerne ich durch meine arbeit immer wieder menschen kennen und ihre geschichten. lebenswege, die mich heiter, traurig oder wütend, immer aber nachdenklich stimmen. es sind begegnungen auf zeit, irgendwann geht man wieder auseinander. was bleibt, sind erinnerungen an besondere augenblicke.
heute habe ich rudolf jäger kennengelernt. zwei stunden sassen wir beieinander. haben geplaudert, uns zugehört, fotos angeschaut, gelacht und geschwiegen. je länger ich bei ihm war, umso leichter und heiterer wurde mir zumute. zum abschied schenkte er mir eine weihnachtskarte mit einem bild von sich. wann immer ich sie heute angeschaut habe, musste ich lächeln.
als ich schon aus dem haus war, stand er auf dem balkon und rief mir zu, er habe noch etwas für mich. dann flatterte ein kleiner roter umschlag herunter. den ganzen tag habe ich ihn mit mir herumgetragen und mich gefragt, was wohl drin sein könnte. gerade habe ich ihn geöffnet. ich musste sehr lächeln.