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das schnelle glück

in meiner nachbarschaft gibt es einen schreibwarenladen. er gehört frau schmidl und frau schmidl ist etwa so rund wie sie hoch ist. in ihrem geschäft gibt es fast nichts, was es nicht gibt. all das hat sie akkurat in kästen und schachteln verpackt, die bis unter die decke in regalen gestapelt sind. der platz ist knapp und jeder zentimeter wird genutzt. braucht man etwas, breitet frau schmidl die arme aus, dreht sich einmal um sich selbst und schon steht das gewünschte vor einem auf der ladentheke.
letztes silvester schaute ich kurz bei ihr vorbei. vor mir im laden war eine jüngere frau, die eine beileidskarte wollte. ob es jemand aus der familie sei, fragte frau schmidl teilnahmsvoll. nein, nein, es sei der nachbar. "und?" "mei, an heiligabend is a hoid gstorbn und heit werd a begroabn." frau schmidl holte tief luft, seufzte kurz und meinte dann: "soviel pech aber auch." das war das erste mal, dass ich vor frau schmidl auf die knie ging. das zweite mal war vor ein paar tagen. genau vor ihrem geschäft. vor lauter irgendwohinnurnichtaufdenwegkucken bin ich mitten vor ihrer auslage aufs trottoir gefallen. als ich noch damit beschäftigt war, zu überlegen, was eigentlich geschehen ist, flog schon die tür auf und frau schmidl stürzte auf mich zu. in der linken hand ein fläschchen jod, in der rechten eine packung osterservietten. erst verarztete sie meine hände, dann schob sie mich in den laden und verschwand im hinterzimmer. zurück kam sie mit zwei gläsern und einer flasche marillenschnaps. von dem schreck müsse sie sich erst einmal erholen. so tranken wir und mir fiel ein, dass ich sie schon länger etwas fragen wollte.

frau schmidl verkauft auch lose. in der stadt gibt es sie an winzig kleinen, rollenden losbuden zu kaufen. ich kann an kaum an einer vorübergehen, weil die blechschilder an den ständen einfach zu verheissungsvoll sind. "das schnelle glück" steht da, wobei es bei mir bislang mehr das kleine glück war. nicht so bei frau schmidl. vor einigen wochen war in ihrer trommel der hauptgewinn und das sollten alle wissen. frau schmidl beauftragte den nachbarsjungen aus dem ersten stock damit, die frohe botschaft unters volk zu bringen. der machte sich gleich an die arbeit und noch am selben tag stand in ungelenken, grossen weissen buchstaben quer über das ganze schaufenster: hir, heute, haubtgewinn! jedem, der danach fragte, aber auch jedem, der es nicht tat, zeigte sie stolz einen verknitterten zettel mit der kopie des glücksloses. ich wollte von frau schmidl wissen, ob sie bei ihrem schnellen glück auch selbst zugreift oder ob sie da abergläubisch ist. sie nehme jeden tag zwei lose. eines morgens, bevor sie zu arbeiten beginnt, und eines am abend, wenn sie den laden zumacht. und da sie zu rauchen aufgehört habe, würde sie obendrein jeden tag noch geld sparen. in diesem augenblick begriff ich wieder einmal, dass dinge sehr einfach sein können, wenn sie ein anderer für einen anschaut. ich habe mir dann noch zwei lose gekauft, bei frau schmidl, an diesem tag, und: meine letzte schachtel zigaretten.
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