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alla, wo springet se denn?

ich stamme aus einer familie von spielern. glücksritter waren sie alle, die meisten allerdings glücklose hassadeure. meiner grossmutter zum beispiel war in die hand geschrieben, dass sie im leben nicht in der lotterie gewinnen würde. klug wie sie war, kaufte sie sich nie wieder ein los. ihre familie aber bedachte sie bis zu ihrem tod reihum mit kleinen biglietten, denen ein lotterieschein beigelgt war und ein zettel mit den magischen worten: "los, los, dein glück ist nahe".

die familie meines vaters erlag den lockungen katharinas der grossen und wanderte nach russland aus. hundert jahre später kamen sie so arm, wie sie gegangen waren, wieder zurück. das einzige, was an dieses abenteuer erinnert, sind ein paar russische vornamen, die geblieben sind. die familie meiner mutter dagegen bestand aus echten zockern. haus & hof, und es gab viel davon, wurden verspielt und verwettet. was übrig blieb, verlor sich in windigen aktiengeschäften. in jeder generation gab es einen, dessen leib und leben vor aufgebrachten gläubigern gerettet werden musste und der diskret nach amerika expediert wurde. dort schienen einige ihr glück dann doch noch gemacht zu haben. über viele jahre kam immer mal wieder ein avis eines notars aus übersee, weil kinder und kindeskinder die ferne verwandschaft in ihrem testament bedacht hatten. mein grossvater hatte einen gutshof, fruchtbares land zwischen elbe und havel, und züchtete pferde. eigentlich nur arbeitstiere, aber irgendwann war er treuer kunde eines buchmachers geworden und wagte sich an vollblüter. wenn in hoppegarten renntag war, wurden in aller hergottsfrüh pferd und picknickkoffer ins auto gepackt und die famile fuhr ihrem sonntagsvergnügen entgegen. nach dem krieg war von dieser pracht ausser der ahnung vom pferd nicht mehr viel übrig.

ende der sechziger jahre zog unsere familie in die nähe von baden baden. meine eltern waren im paradies gelandet. lotto und toto für den alltag, spielbank am wochenende und zweimal im jahr: iffezheim. den familienurlaub, zwei wochen im jahr, eine im frühling, eine im herbst, verbrachten wir auf der rennbahn. während sich meine mutter auf ihren pferdeverstand verlies, damit mal mehr, meist aber weniger glück hatte, ging mein vater die ganze sache akribisch an. zwei monate zuvor begann er, rennergebnisse mit den vorhersagen zu vergleichen, statistiken wurden angelegt und irgendwann hatte er heraus, welches fachblatt die zuverlässigsten prognosen für das jahr hatte. danach schloss er seine wetten ab. und einmal landete er den grossen coup, allerdings etwas anders als geplant.

die einfachste wette beim pferderennen ist die auf sieg. man sagt, wer als erster durchs ziel geht und wenn dem so ist, hat man gewonnen. das gibt, wenn man nicht gerade auf einen krassen aussenseiter gesetzt hat und der das rennen macht, keinen allzu grossen gewinn. ähnlich ist es mit der platzwette, bei der man auch die zweit- und drittplazierten tippt. die hohe kunst der pferdewette ist die dreierwette. die gibt ordentlich quote, ist aber auch am schwierigsten, weil man den einlauf der siegreichen pferde in der richtigen reihenfolge vorhersagen muss.

bis vor etwa zehn jahren war in iffezheim alles wunderbar altmodisch, im grunde mehr morbid als mondän. man sass auf alten tribünen aus der belle epoque, die vorwetten wurden für jedes rennen von hand auf holzbretter gesteckt, die vorhersagen der zeitungen mit kreide auf eine grosse tafel geschrieben. für meinen vater gestaltete sich der renntag einfach. er wusste von vornherein, was er tippen würde. der wettschein war schnell ausgefüllt und so blieb ihm zeit für die sektbar, wo er jede menge freunde und bekannte traf und immer heiterer wurde. es war das vorletzte rennen des tages. jeder war den nachmittag über seiner wege gegangen, nur das rennen schaute man gemeinsam an, am verabredeten ort. weil ich damals noch die besten augen von allen hatte, bekam ich die wettscheine in die hand gedrückt und den auftrag, den überblick zu behalten. das rennen wurde gestartet. ich war von vornherein draussen, weil mein favorit gleich die startmaschine verweigerte und gar nicht erst mitlief. meine mutter scheiterte daran, dass ihr pferd ausbrach und disqualifiziert wurde. meine kusine hatte sowieso andere interessen und nicht gewettet, meine tante hatten wir nach dem dritten rennen an den sektstand verloren. alle hoffnungen ruhten auf meinem vater.

das feld blieb das ganze rennen über beieinander, die ersten beiden seiner pferde lagen in der richtigen reihenfolge mit längen vorne. leider kam sein drittplazierter an vierter stelle nicht so richtig voran. nach wenigen minuten war das rennen vorbei und mit der hoffnung war es ebenso. die glücklosen wettscheine wurden weggeworfen und wir waren schon wieder auf dem weg zum führring, als die glocke geläutet wurde. es hatte gegen den dritten platz einen einspruch gegeben und nun entschied richterspruch das rennen. ich wurde losgeschickt, den wettschein meines vaters wieder aus der mülltonne zu fischen, was mir mit einiger mühe auch gelang. es sollte sich lohnen. das dritte pferd meines vaters wurde auf den siegplatz gehoben. es war als aussenseiter ins rennen gegangen, die quoten schienen vielversprechend. als sie kamen, wurde mir schlecht. vor glück. mein vater wurde zum held der rennbahn und meine tante überlegte schon, ob sie sich von ihrem bruder nicht einen eigenen sektstand schenken lassen sollte, für die zukunft.

mir war der trubel zuviel. ich ging ein wenig abseits und dabei fiel mein blick auf die tafel mit den vorhersagen. was ich dort sah, konnte ich nicht glauben. die zeitung des vertrauens meines vaters hatte für das rennen 8 - 3 - 12 vorausgesagt, die siegreiche dreierwette lautete auf 8 - 3 - 1. womit der beweis erbracht war, dass der zu kurze blick mitunter ein weg ins glück sein kann. über jahre hin haben sich freunde und bekannte, kurz bevor es in iffezheim wieder losging, bei meinem vater sachkundig gemacht. ich weiss nicht, wieviel geld sie die tips meines vaters gekostet haben, mich aber hat mein schweigen eine kleine weile äusserst kommod leben lassen.

ich wäre heute so gerne dort. es ist der letzte renntag. ich würde freunde treffen und bekannte. und wetten, auf meine art. ich setze nur in grösster not auf meinen bescheidenen sachverstand. die erfahrung hat gelehrt, dass ich mit der kombination aus aussehen der jockeys, den namen der pferde und den farben der ställe am besten fahre. sollte es sie heute noch zum buchmacher verschlagen, kann ich also leider zu nix raten diesmal. aber den todsichern tip gibts hier. garantiert. hals & bein!
Idoru meinte am 5. September, 16:04

danke

für diesen schönen text.
nase antwortete am 5. September, 19:15

ja, danke.
Das.Teil meinte am 5. September, 20:16

seh den text jetzt erst - ihr stray cats link hat mich abgelenkt.
schließe mich den vorgängern an: sie sind eine 1a-content-kanone (verwetten sie nich ihrn blog!).
nanunana antwortete am 5. September, 20:37

just a family affair

öhm, da sag ich *ganzverlegenkuck* danke. mach ich nicht, herr teil. wetten?
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